Die Vermessung der Kommunikation?
„Ein Hügel, von dem man nicht wisse, wie hoch er sei, beleidige die Vernunft, mache ihn unruhig.“ – Daniel Kehlmann, Die Vermessung der Welt
Die Messbarkeit von Dingen gibt uns Anhaltspunkte und ermöglicht Planung. Doch wie sieht es um die Messbarkeit von Kommunikation aus? Kommunikation wird jeden Tag betrieben, auch auf organisationaler Ebene. Doch was bei Marketing anhand von Kennzahlen schon seit langem messbar ist, bleibt bei Öffentlichkeitsarbeit noch umstritten.
Public Relations und Kommunikation
Wenn im wirtschaftlichen und unternehmerischen Kontext von Kommunikation gesprochen wird, liegt der Fokus oft auf der direkten Methode: dem Marketing. Dass Unternehmen gerne und oft von dieser Methode Gebrauch machen, liegt mitunter an der Messbarkeit, welche eine klare Zielsetzung und -erfüllung ermöglicht und damit die Durchsetzung von Strategien und Kampagnen eröffnet. Mit diesem Ansatz lassen sich also Entscheidungen auf Basis von quantifizierbaren KPIs bewerten – e.g. Kundengewinnung, Absatzzahlen, Kaufentscheidungen: Wenn strategische Ziele erreicht wurden, kann man von Erfolg sprechen.
Doch Marketing ist nur die Hälfte der Story, wenn es um Unternehmenskommunikation geht. Wenn es um die allgemeine Reputation des Unternehmens geht, ist Öffentlichkeitsarbeit – kurz: PR – gefragt. Anders als beim Marketing wird nicht nur zum Kunden Zwecks einer Entscheidung kommuniziert, sondern bezieht sich auf ein breites Spektrum an Stakeholdern mit verschiedenen Interessen an und Bezügen zum Unternehmen. Die öffentliche Wahrnehmung als Ganzes wird über eine Vielzahl von Kanälen adressiert.
Die Messung von Public Relations
Doch wie misst man den Erfolg dieser „indirekten“ Form der Unternehmenskommunikation? Müsste es mittlerweile nicht möglich sein, einheitliche Messgrößen für „weiche Faktoren“ zu bestimmen? Weswegen das bis heute noch eine Herausforderung darstellt, wird in den folgenden Absätzen anhand drei bekannter Messansätze diskutiert.
Eine bewährte Methode die Effektivität eines Mediums anhand direkter Kommunikationsergebnisse zu messen ist die Medienresonanzanalyse. Wie der Name vermuten lässt, geht es hierbei um die Messung der Reaktion, sowie der Informationszugänglichkeit der Medien. Mediendaten wie Auflagenstärke, Artikelanzahl, Tonalität und Anzeigenäquivalenzwerte ermöglichen eine gewisse Quantifizierbarkeit über Zeit, wenn durchgängig und konsistent Daten dazu erhoben werden. Jedoch stellt sich hierbei die Frage, welche Faktoren mit welcher Gewichtung in der Erfolgsmessung berücksichtigt werden sollen.
Eine ursprünglich aus dem Controlling stammenden Ansatzes ist die Balanced Scorecard. Anhand von wettbewerbsorientierten Kennzahlen werden Unternehmen aus (mindestens) vier Blickwinkeln betrachtet und analysiert: der Finanz-, Kunden-, Prozess- & Entwicklungsperspektive. In einer Corporate Communication Scorecard auf wird die Messung durch den Einbezug der gesellschaftspolitischen Perspektive auf fünf Richtungen erweitert. Da die Auswertungen primär aus quantitativen Kennzahlen und unabhängig von den Auswertern zustande kommen, ist auch hierbei die konsistente Erhebung von Daten notwendig.
Eine umfassendere Methode den Effekt von PR-Aktivitäten zu messen ist die Balanced PR-Evaluation nach Dr. Nanette Besson. Diese Methode befasst sich mit der Evaluierung des gesamten PR-Prozesses, von der Stategie/Konzeption, über die Umsetzung, bis hin zur Auswertung. Dadurch lassen sich PR-Aktivitäten Anhand von im Voraus getätigten Investitionen messen. Durch die Erhebung von Daten und Feedback in allen Aspekten der PR-Aktivität lassen sich konzeptionell segmentierte Ergebnisse darstellen. Aber auch hier stellt sich die Frage, welche Daten zu welchem Zweck ausgewählt werden sollen.
Das Problem bei der Messung von PR-Aktivitäten liegt also offensichtlich nicht darin, dass wir nicht genug Kennzahlen erhoben oder Methoden entwickelt hätten, um Ergebnisse zu berechnen. Es fehlt uns eher die Einsicht, welche Faktoren überhaupt berücksichtigt werden sollten – und eine Ahnung, welche wir noch gar nicht wahrgenommen haben.
Umfassende Messungen: Wurde an alles gedacht?
Wie anfänglich erwähnt geben uns Messungen Orientierungspunkte und lassen uns Vorausplanen. Um etwas messen zu können, bedarf es Vergleichswerte, also relativierbaren Kennzahlen. Die Auswahl von zu vergleichenden Kennzahlen bestimmt wiederum, worauf der Fokus einer Auswertung gelenkt wird. Problematisch wird es, wenn die erhobenen Daten inkonsistent sind, oder gar kritische Faktoren in einer Bewertung ausgelassen werden und folglich falsche Urteile auf Basis unvollständiger Gesamtergebnisse gefällt wird.
Da sich bisher noch keine Methode zur Bewertung von PR-Aktivitäten als die universell anwendbare herauskristallisiert hat, gilt es vielleicht eine subjektivere Herangehensweise zu erproben. Eine Messung, welche die Wahrnehmung des Auswerters mit einbezieht, indem es eine variable Gewichtung und eine freie Auswahl von einzubeziehenden Faktoren zulässt. So ließe sich die PR-Wirkung auf individueller Ebene erheben und über Zeit als persönlichen Vergleichswert quantifiziert werden.