15.07.2022
Tilmann Rohlf

Kommunikationstrends in der Finanzbranche

Kommunikationstrends in der Finanzbranche

Krisen, Krieg und Zinswende – Welche Kommunikationstrends für die Finanzbranche heute überlebenswichtig sind.

Der Finanzsektor steckt tief in einer ausufernden Krise. Das belegen geprüfte Zahlen des Centers for Financial Studies der Frankfurter Goethe-Universität. Denn laut einer hauseigenen Studie sei der CFS-Index, der die Verfassung der deutschen Finanzbranche abbildet, im ersten Quartal 2022 um -4,2 Punkte auf 111,1 Punkte gesunken. Die rückläufige Entwicklung im ersten Quartal 2022 basiert wesentlich auf dem gesunkenen Umsatz- und Ertragswachstum der gesamten Finanzbranche. Der Negativtrend wurde bereits im vergangenen Quartal erwartet. Auch für das laufende Quartal ist die Finanzbranche hier eher zurückhaltend.

Dabei war die Lage vor dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine noch hoffnungsvoller und man dachte, dass die Banken jetzt versuchen würden, das Vertrauen ihrer Kunden zurückzugewinnen. Doch der Ausbruch des Krieges hat die Stimmung immens gedrückt. Viele Unternehmen geraten dadurch nun ins Wanken. Verstärkt wird dies zudem durch die Wende in der Zinspolitik. Die US-Notenbank hat die Zinsen bereits erhöht – Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte bald folgen. Wie und auf welche Art sich dies aus kommunikativer Perspektive auf die gesamte Branche auswirkt, lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht konkret sagen. Hierzu bietet es sich an, stetig die aktuellen PR-Trends im Auge zu behalten.

Audio Content – Das neue Standardrepertoire von jedem, der kommuniziert

Nicht nur Videos gewinnen an Bedeutung, sondern auch Audio Content. Podcasts haben sich mittlerweile in so gut wie jedem Haushalt etabliert. Denn Informationen “on demand”, also auf Abruf, sind so gefragt wie nie zuvor. Da man als Unternehmen seine Zielgruppe am Puls der Zeit erreichen kann und somit einen weiteren Touchpoint schafft, lohnt sich die Überlegung einen eigenen Firmen-Podcast ins Leben zu rufen. Dabei werden teilweise signifikant mehr Verbraucher erreicht als mit traditionellen Medien (Internetauftritte, Zeitschriften). Thematisch sind keine Grenzen gesetzt – vielmehr besteht die Chance, sich regelmäßig zu aktuellen Trends und Entwicklungen zu äußern.

Storytelling 2.0 – Wie datenbasierte Zielgruppenkommunikation gelingt

Daten sind heute branchenunabhängig mehr wert als Gold. Darum wird es sehr spannend sein zu sehen, wie Unternehmen künftig ohne Cookies ihre Kampagnen gestalten wollen. Denn nicht nur Online-Marketing, sondern auch datenbasiertes Storytelling benötigt aussagekräftige Daten, die zu relevanten Geschichten gemacht werden können. Daher ist es unabdingbar, dass Unternehmen eigene Daten über Kunden und Zielgruppen sammeln. Möglich ist das zum Beispiel durch Umfragen oder Marktforschung. Wer Daten besitzt, sollte sich genau überlegen, wie diese genutzt werden können. Denn Data-driven Storytelling wird uns – trotz fehlender Cookies – weiterhin begleiten.

Authentizität – So viel Branding braucht die Branche

Während im Vordergrund das Thema Personal Branding gerade gehypt wird, vollzieht sich fast im Stillen die Entwicklung von Menschen und Marken zur Authentizität. In einer Zeit geprägt von Fake News, Verblendung und Memes kristallisiert sich Glaubwürdigkeit, Ehrlichkeit und Echtheit als wahrer Wert heraus. Die Kommunikation wird lernen müssen, den schmalen Grat zwischen Branding und Authentizität zu gehen.

Kommunikation den richtigen Stellenwert zuordnen

Damit die PR-Abteilungen ihre Top-Themen erfolgreich kommunizieren können, müssen sie weg von den uniformen Inhalten, die weder bei Medien noch Kunden ankommen. Zu werblich oder zu generisch zu kommunizieren, wirkt sich am Ende des Tages kontraproduktiv aus. Oftmals besteht das Problem jedoch darin, interne Inhalte mit Nachrichtenwert zu generieren. Und das verwundert nicht – in nur etwa der Hälfte der Unternehmen sieht das oberste Management die Wichtigkeit, sich selbst in der Öffentlichkeit zu äußern, und ist auch bereit, dafür Zeit einzuplanen. Dabei ist die Rolle des CEOs bei der Schaffung von Vertrauen, für die Positionierung und für den Aufbau einer Marke auf keinen Fall zu unterschätzen. Klar ist: Kommunikation hat bei Unternehmen bedauerlicherweise einen noch viel zu geringen Stellenwert.

95 Prozent der PR-Verantwortlichen sagen: Echte Thought Leadership, CEO-Positionierung und Social Media machen den Unterschied. Sie sind die Wegweiser raus aus dem kommunikativen Niemandsland. Um diese Maßnahmen erfolgreich umsetzen zu können, ist vor allem eines nötig: Ein Umdenken in den Unternehmen – nicht nur Engagement und Involviertheit vom obersten Management sind essenziell, sondern auch das Verständnis bei den internen Content-Lieferern aus den Fachabteilungen. Öffentlichkeitsarbeit ist keine lästige Pflichtübung, sondern Kür.

Influencer-Marketing: Direkte Kommunikation mit einer neuen Zielgruppe

Doch der wichtigste Trend, den Unternehmen heute beachten müssen, erlebt weiterhin eine echte Hochkonjunktur. Gerade für die Finanzbranche ist Influencer-Marketing unverzichtbar geworden.  Wichtig bleibt: Niemand muss zwangsläufig auf junge TikTok-Stars setzen, sondern den Fokus auf Best Ager Influencer legen, deren jahrelange Konsumerfahrung sehr loyale und authentische Kooperationspartner für Firmen und Marken, impliziert. Zudem sollte man sicherstellen, dass sich alle wichtigen Player auf ihren Profilen so effizient wie möglich der intelligenten Zielgruppenansprache widmen. Jeder sollte darauf achten, alle wichtigen Funktionen zu nutzen, die richtigen Keywords zu verwenden und aktuelle Profilbilder zu haben. Genauso wichtig:

  • Es kann verschiedene Gruppen von Unternehmensbotschaftern geben, die für bestimmte Themen gewisse Nachrichten multiplizieren
  • Inspirations-Dashboards: Unternehmensbotschaftern, die nicht wissen, wie sie ihre inhaltliche Agenda schaffen sollen, helfen monatliche Dashboards. Diese sammeln Trends, interessante Fakten, inspirierende Statistiken und Follower.

Krisenkommunikation: Der Existenzkampf der PR

Sei es Corona, der Ukrainekrieg oder eine Firmenkrise: In allen Situationen ist ein kommunikativer Umgang mit den äußeren Rahmenbedingungen notwendig. Hierbei bietet es sich an, nach einem selbst erstellten Leitfaden vorzugehen. Ziel strategischer Krisenkommunikation ist es, den beobachtbaren und den in Zukunft erwartbaren krisenbedingten Reputations- und Vertrauensverlust bei relevanten Stakeholdern zu minimieren und damit den Handlungsspielraum zur Erreichung der strategischen Ziele der Organisation unter den gegebenen Bedingungen zu maximieren. Darüber hinaus hat Krisenkommunikation das Ziel, Informationen und Verhaltensinstruktionen im Krisenkontext effektiv zu verbreiten, um Schaden von betroffenen Anspruchsgruppen abzuwenden und sie bei der psychologischen Bewältigung der Krise zu unterstützen.
Dabei sind die konkrete Handlungsempfehlungen direkt umsetzbar. Zunächst sollte man eine allgemeine Risikobewertung des eigenen Unternehmens durchführen. Dann gilt es, Maßnahmen zu ergreifen, um die interne Kommunikation auf Notfälle vorzubereiten. Ist dies entsprechend geschehen, müssen die richtigen Botschaften zur richtigen Zeit übermittelt und die Wirkung des Krisenkommunikationsplans gemessen und evaluiert werden.
Einzig diejenigen Entscheider, die sich einen echten Notfallplan zu Herzen nehmen, sind auf worst-case-Szenarien vorbereitet. Selbst einer echten Krise kann so standgehalten werden.